Am 2. Mai 2023 wurde der “Staffelstab” von Andreas Radbruch an Eicke Latz bei einer Festveranstaltung im DRFZ mit 200 Gästen aus dem wissenschaftlichen Umfeld des DRFZ übergeben. Der nun ehemalige Wissenschaftliche Direktor bleibt dem DRFZ jedoch weiterhin als Senior-Gruppenleiter der AG Zellbiologie erhalten. Prof. Dr. Elisabeth Märker-Hermann würdigte sein Engagement für die Rheuma-Forschung und das DRFZ.
Andreas Radbruch hat seit 1996 als wissenschaftlicher Direktor und seit 1998 als Professor für experimentelle Rheumatologie an der Charité das DRFZ aufgebaut und zur Exzellenz entwickelt, eine Ära geprägt. Nach seiner Emeritierung 2021 stand er für die lange Übergangszeit bis zur Findung und Bestellung seines Nachfolgers dem DRFZ weiterhin als wissenschaftlicher Direktor und Vorstand zur Verfügung. Dies hat nicht nur zur Stabilität des DRFZ beigetragen, sondern nochmals zu einem Forschungsschub und Erfolg mit zahlreichen Publikationen und Einwerbung bedeutsamer Drittmittel beigetragen!
Andreas Radbruch und seine Verdienste in insgesamt 27 Jahren DRFZ
Am 13.12.1988, also vor mehr als vor 34 Jahren, gründeten der Senat der Stadt Berlin und das Immanuel Krankenhaus das Deutsche Rheuma-Forschungszentrum Berlin (DRFZ) mit Nicholas Avrion Mitchison als Gründungsdirektor. Es begann mit einer kleinen Grundlagenforschungsgruppe, Klinische Partner waren zunächst v. a. Jochen Sieper und Jürgen Braun, seit 1993 auch der neu berufene Direktor der Charité Rheumatologie Gerd Burmester. Im Jahr 1991 wurde unter der Leitung von Angela Zink eine Forschungsgruppe für Rheumaepidemiologie eingerichtet. Im Jahr 1996 wurde Andreas Radbruch Wissenschaftlicher Direktor des DRFZ. Im Jahr 2000 konnten die über die Stadt verteilten Forschungsgruppen des DRF ein Forschungsgebäude auf dem Campus der Charité mit dem Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie beziehen. Im Jahr 2009 erfolgte dann die Aufnahme in die Leibniz Gemeinschaft, eine Anerkennung der Forschungsleistung, aber auch konstante Qualitätskontrolle durch regelmäßige Evaluierungen. Heute ist das DRFZ ein internationales Forschungszentrum mit 26 Forschungsgruppen, über 150 Wissenschaftlern aus 20 Nationen.
Das DRFZ bietet der deutschen und internationalen Rheumatologie 2 wesentliche Perspektiven: zum einen die epidemiologische Erfassung der Krankheitslast und der Qualität der Versorgung im Programmbereich 2, zum anderen die experimentelle Grundlagenforschung entzündlich-rheumatischer Erkrankungen und der Arthrose.
Die visionäre Idee, die von Beginn an hinter der immunologischen Forschung von Andreas Radbruch selbst, seiner Arbeitsgruppe und schließlich seinem gesamten Programmbereich stand, war das Konzept, dass autoimmune rheumatische Erkrankungen Folge eines schädlichen immunologischen Gedächtnisses sind. Ein Gedächtnis, dessen Agenten und Spieler er im Laufe der Jahre identifizieren konnte, Gedächtnis-B-Lymphozyten, langlebige Plasmazellen in ihren Nischen des Knochenmarksstromas und Bindegewebes, Gedächtnis-T-Lymphozyten, die sich von schützenden Lymphozyten unterscheiden. In der Therapie von Rheuma konnte es für Radbruch nicht das Ziel sein, das komplette Immunsystem mit seinen schützenden Funktionen auszuschalten – siehe in diesem Zusammenhang die oft deletären Verläufe von COVID-19 bei abwehrgeschwächten Menschen -, sondern gezielt die pathogenen Gedächtnis-Lymphozyten zu entfernen.
Ziel ist es also, das Immunsystem der an Rheuma Erkrankten therapeutisch so zu beeinflussen, dass es die rheumatische Entzündung regelrecht „vergisst“. Diese Forschungsvision, die in manchen Teilen schon jetzt Wirklichkeit geworden ist, ist auch eine Botschaft, welche die Rheuma-Patientinnen und -Patienten gut nachvollziehen können. Die an Rheuma Erkrankten wollen verstehen, was hinter den Mauern und Glas- Fassaden des DRFZ geforscht wird zu ihrem Nutzen, um Ihnen die Hoffnung auf Heilung zu geben. „Rheuma heilbar machen“ ist schließlich auch das Motto der Deutschen Rheumastiftung geworden, zu deren Gründungsvätern Andreas Radbruch gehörte. Der direkte Bezug zur Versorgungswirklichkeit der von Rheuma Betroffenen, aus Versorgungsdaten Wissen und Behandlungsempfehlungen zu schaffen, bedeutete zusätzlich von jeher für unsere Patientinnen und ihre Rheumatologen vor Ort in den Rheumazentren Identifikation mit dem DRFZ, hier speziell mit dem Programmbereich Epidemiologie.
Ganz besonders gilt es zu betonen, dass aus den Impulsen der Rheumagrundlagenforschung am DRFZ heraus entscheidende Impulse zum Verständnis zur Immunpathologie auch anderer Erkrankungen ausgegangen sind – Infektionserkrankungen wie zum Beispiel SARS-CoV2, Allergien, Darmerkrankungen und anderer -, hier und heute sichtbar durch die Präsenz unserer zahlreichen Kooperationspartner. Und man benötigt Techniken, um die wissenschaftlichen Ideen in die Tat umsetzen zu können: Andreas Radbruch lieferte unter anderem die Technologieplattform für die immunologische Forschung durch seine Erfindungen und Expertisen im Bereich der Zytometrie und des Zellsortings.
Neben Mitgliedschaften in nationalen und internationalen Fachgesellschaften war Andreas Radbruch auch selbst Präsident der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie 2007, der Deutschen Gesellschaft für Immunologie 2009, der International Society for Advancement of Cytometry und der European Federation of Immunological Societies 2019. Lang ist die Liste seiner Auszeichnungen und Preise, beispielhaft dem Carol Nachman Preis für Rheumatologie und dem Avery Landsteiner Award.
Quelle: Mitteilung des DRFZ 05/2023