Ein schwerer erblicher Immundefekt bringt Forscher des Universitätsklinikums Freiburg auf die Spur eines Proteins, das die Immunabwehr im Gleichgewicht hält. Abszesse, wiederholte Lungenentzündungen und stark juckende Haut sind nur einige der Beschwerden, unter denen Menschen mit „Hyper-IgE-Syndrom“ (HIES) leiden. Nur etwa einer von einer Million Menschen ist von dem seltenen, schweren Immundefekt betroffen. Doch nur bei einem Teil der Patienten ist die genetische Ursache der Krankheit bekannt. Nun haben Forscherinnen und Forscher des Centrums für Chronische Immundefizienz (CCI) am Universitätsklinikum Freiburg einen weiteren Mitspieler der Immunabwehr identifiziert, der die Krankheit auslösen kann.
„Das neue Wissen erlaubt zum einen die gezielte diagnostische Abklärung der Krankheit. Zum anderen öffnet es neue Türen für Therapieansätze bei HIES, das bisher nicht ursächlich behandelbar ist“, sagt Studienleiter Prof. Dr. Bodo Grimbacher, Wissenschaftlicher Direktor des CCI am Universitätsklinikum Freiburg. Die Studie erschien am 15. Juni 2018 im Fachmagazin Science Immunology.
Der eine, entscheidende Unterschied – von 50.000
Um die genetische Ursache der Krankheit zu finden, scannten die Wissenschaftler des CCI bei Betroffenen der Indexfamilie und deren gesunden Verwandten das gesamte Erbgut, das für die Produktion von Proteinen zuständig ist. Bei diesem sogenannten „whole-exome-sequencing“ finden sich im Schnitt 20.000 bis 50.000 Unterschiede zum Durchschnitts-Erbgut. „Durch aufwändige Ausschlussverfahren und den Vergleich mit dem Erbgut gesunder Verwandter konnten wir letztlich die eine Genmutation herausfiltern, die den Immundefekt auslöst“, sagt die Erstautorin Dr. Stefanie Frey-Jakobs, Wissenschaftlerin am CCI des Universitätsklinikums Freiburg. Im Laufe der Studie wurden zwei unterschiedliche Mutationen in diesem Gen in insgesamt elf Patienten aus vier betroffenen Familien bestätigt.
Die entscheidende Veränderung betrifft das Protein ZNF341, dessen Funktion bislang weitgehend unbekannt war. Die Freiburger Forscher konnten nun zeigen, dass ZNF341 die Transkription/ Bildung eines seit langem bekannten Schlüsselspielers des Immunsystems regelt, STAT3 genannt. STAT3 ist ein wichtiger Immunregulator, der vielfältige Funktionen übernimmt. Gibt es zu wenig von STAT3, kommt es unter anderem zu einer verminderten Bildung von Th17-Zellen und dadurch zu erhöhter Anfälligkeit für Bakterien- und Pilzinfektionen. In 75 Prozent der Patienten mit HIES sind sporadisch oder autosomal-dominante vererbte Mutationen in STAT3 zugrundeliegend, die zu geringen STAT3-Werten führen.
„Wir konnten jetzt zeigen, dass das Protein ZNF341 normalerweise die Produktion von STAT3 ankurbelt. Funktioniert es nicht richtig, gibt es auch zu wenig von dem Immunregulator STAT3 und die Patienten erkranken letztendlich an HIES“, erklärt Dr. Frey-Jakobs. Die Folge: Die Immunabwehr ist beeinträchtigt und es kommt zu vermehrten und schwerwiegenden Infektionen.
„Wenn es uns gelänge ZNF341 medikamentös zu ersetzen oder zu verstärken, wäre das eine mögliche Therapie für diese HIES-Patienten. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg“, sagt Prof. Grimbacher.
Originalpublikation: Frey-Jakobs S, Hartberger JM, Fliegauf M, Bossen C, Wehmeyer ML, Neubauer JC, Bulashevska A, Proietti M, Fröbel P, Nöltner C, Yang L, Rojas-Restrepo J, Langer N, Winzer S, Engelhardt KR, Glocker C, Pfeifer D, Klein A, Schäffer AA, Lagovsky I, Lachover-Roth I, Béziat V, Puel A, Casanova JL, Fleckenstein B, Weidinger S, Kilic SS, Garty BZ, Etzioni A, Grimbacher B: ZNF341 controls STAT3 expression and thereby immunocompetence. Sci Immunol. 2018. 3(24). doi: 10.1126/sciimmunol.aat4941.
Quelle: Pressemitteilung Universitätsklinikum Freiburg 06/2018