TLR8 beeinflusst Bildung von krankheitsrelevanten Zytokinen
Die systemische Sklerose ist eine Autoimmunerkrankung, die vor allem Entzündungen der Haut, sowie innerer Organe wie Lunge und Herz verursacht. Sie gilt als seltene Erkrankung, deren Entstehung und Verlauf noch nicht gut erforscht sind. In Kooperation mit den Kliniken für Rheumatologie und Immunologie, sowie Dermatologie der Medizinischen Hochschule Hannover hat ein Team um Nachwuchsgruppenleiterin Theresa Graalmann am TWINCORE, Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung, die Rolle einer bestimmten Gruppe von Immunzellen bei Menschen mit systemischer Sklerose untersucht.
Dabei stellten sie fest, dass bestimmte Signalwege in anderen Zellen aktiv sind als bisher angenommen. Die Ergebnisse veröffentlichen die Forscherinnen und Forscher in der Fachzeitschrift Arthritis & Rheumatology.
Patientinnen und Patienten mit systemischer Sklerose leiden an Hautveränderungen, die nicht durch Viren oder Bakterien, sondern durch das eigene Immunsystem verursacht werden. Man spricht deshalb von einer Autoimmunerkrankung. Die systemische Sklerose wird als seltene Erkrankung eingestuft, weil die Zahl der Betroffenen sehr gering ist. Die Entstehung der Krankheit ist daher noch nicht vollständig geklärt. Untersuchungen an Immunzellen von Betroffenen haben kürzlich gezeigt, dass das Gen für das Protein Toll-like Rezeptor 8 (TLR8) in bestimmten Zellen stärker aktiviert ist als bei Gesunden. TLR8 ist ein zellulärer Rezeptor, der normalerweise durch bestimmte Viren aktiviert wird und dann eine Reaktion der Immunzellen auslöst.
Das Team aus Hannover wollte diesen Befund auf der Ebene der tatsächlich vorhandenen Proteinmengen genauer untersuchen. Dazu isolierten sie zunächst plasmazytoide dendritische Zellen aus der Haut und dem Blut von zehn Personen mit systemischer Sklerose. „Diese Zellen haben wir im Durchflusszytometer untersucht“, sagt Christine Ehlers, Doktorandin in der Forschungsgruppe Translationale Immunologie am TWINCORE. „Damit können wir die Konzentration von Rezeptoren und Immunbotenstoffen, sogenannten Zytokinen, in den Zellen messen.“ Die Messwerte verglichen sie mit denen von gesunden Probanden und auch von Patienten mit einer anderen Autoimmunerkrankung, dem Sjögren-Syndrom. Einen Unterschied in der Konzentration von TLR8 konnten sie jedoch nicht feststellen.
Anschließend stimulierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Rezeptor durch die Zugabe von verschiedenen Agonisten. Das setzt die Signalkette in Gang und führt zur Produktion von Zytokinen in der Zelle, die wiederum weitere Schritte der Immunreaktion auslösen können. Doch auch in dieser Versuchsreihe unterschieden sich weder die TLR8-Konzentrationen, noch die Menge an gebildeten Zytokinen. „Wir haben gesehen, dass TLR8 prinzipiell funktioniert, konnten aber zeigen, dass der Rezeptor bei der systemischen Sklerose in plasmazytoiden dendritischen Zellen keine Rolle spielt“, sagt die Forschungsgruppenleiterin Dr. Dr. Theresa Graalmann.
„Dennoch haben wir einen Unterschied entdeckt“, ergänzt Ehlers. „Die Monozyten aus den Sklerodermie-Proben zeigten eine erhöhte Produktion von IL-10 nach Aktivierung von TLR8. In unserer Vergleichsgruppe mit Sjögren-Syndrom konnten wir dies nicht beobachten.“ IL-10 steht für Interleukin-10. Dieses Zytokin wirkt anti-entzündlich aber auch profibrotisch, fördert also das krankhafte Wachstum von Bindegewebe. „IL-10 könnte zu den fibrotischen Hautveränderungen beitragen, die für die systemische Sklerose charakteristisch sind“, sagt Graalmann.
Damit sind die Forschenden um Theresa Graalmann der Aufklärung der Ursachen der systemischen Sklerose ein Stück weitergekommen. „Aber leider können wir daraus noch keine direkten Schlüsse für die Behandlung ziehen, weil die Zahl der Patientinnen und Patienten so klein ist“, bedauert Graalmann. „Ein besseres molekulares Verständnis für die Entzündungsreaktionen während einer solchen Erkrankung zu entwickeln, ist jedoch der erste Schritt auf dem Weg zu neuen und besseren Therapien für die betroffenen Patienten.“
Wissenschaftliche Ansprechpartnerin
Dr. Dr. Theresa Graalmann, theresa.graalmann@twincore.de
Tel: +49 (0)511 220027-169
Originalpublikation
https://doi.org/10.1002/art.42964
Quelle: Pressemitteilung TWINCORE - Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung - 09/2024