Der Sicherheitsausschuss PRAC der EMA, schloss seine vorläufige Prüfung zu Blutgerinnseln bei Personen, die mit dem Impfstoff von AstraZeneca geimpft wurden, auf seiner außerordentlichen Sitzung am 18. März 2021 ab. Der Ausschuss bestätigt, dass:
- der Nutzen des Impfstoffs, bei der Bekämpfung der immer noch weit verbreiteten Gefahr durch COVID-19, weiterhin das Risiko von Nebenwirkungen überwiegt; COVID-19 selbst kann zu Gerinnungsproblemen führen und tödlich verlaufen;
- der Impfstoff nicht mit einem Anstieg des Gesamtrisikos für Blutgerinnsel (thromboembolische Ereignisse), bei denen, die ihn erhalten, verbunden ist;
- es keine Hinweise auf ein Problem im Zusammenhang mit bestimmten Chargen des Impfstoffs oder mit bestimmten Herstellungsstandorten gibt;
- der Impfstoff jedoch möglicherweise mit sehr seltenen Fällen von Blutgerinnseln in Verbindung gebracht werden kann, die mit einer Thrombozytopenie einhergehen, d. h. mit einem niedrigen Gehalt an Blutplättchen (Bestandteile im Blut, die die Blutgerinnung unterstützen) mit oder ohne Blutungen, einschließlich seltener Fälle von Gerinnseln in den Blut ableitenden Gefäßen des Gehirns, sogenannter zerebraler Venen- und Sinusthrombosen (CVST).
Dabei handelt es sich um seltene Fälle - bis zum 16. März 2021 hatten rund 20 Millionen Menschen in Großbritannien und im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) den Impfstoff erhalten und die EMA hatte nur 7 Fälle von Blutgerinnseln in mehreren Blutgefäßen (disseminierte intravasale Koagulopathie, DIC) und 18 Fälle von CVST überprüft. Ein kausaler Zusammenhang mit dem Impfstoff ist nicht bewiesen, aber möglich und sollte weiter untersucht werden.
Der Sicherheitsausschuss bezog in seine Überprüfung Experten für Blutkrankheiten ein und arbeitete eng mit Gesundheitsbehörden zusammen, darunter die britische MHRA (Medicines and Healthcare products Regulatory Agency), die Erfahrung mit der Verabreichung dieses Impfstoffs an etwa 11 Millionen Menschen hat. Insgesamt war die Zahl der nach der Impfung gemeldeten thromboembolischen Ereignisse, sowohl in Studien vor der Zulassung als auch in Berichten nach der Einführung der Impfkampagnen (469 Berichte, davon 191 aus dem EWR), geringer als in der Allgemeinbevölkerung erwartet. Dadurch kann der Sicherheitsausschuss bestätigen, dass es keine Erhöhung des Gesamtrisikos für Blutgerinnsel gibt. Bei jüngeren Patienten bleiben jedoch einige Bedenken bestehen, die insbesondere mit den seltenen Fällen zusammenhängen.
Die Experten des Sicherheitsausschusses untersuchten sehr detailliert die aus den Mitgliedstaaten gemeldeten Fälle von DIC und CVST, von denen 9 zum Tod führten. Die meisten dieser Fälle traten bei Personen unter 55 Jahren auf, und Frauen waren mehrheitlich betroffen. Da diese Ereignisse selten sind und COVID-19 selbst häufig Blutgerinnungsstörungen bei Patienten hervorruft, ist es schwierig zu schätzen, mit welcher Rate diese Ereignisse bei Personen zu erwarten sind, die den Impfstoff nicht erhalten haben. Auf der Grundlage von Zahlen aus der Zeit vor der COVID-Impfung wurde jedoch berechnet, dass bis zum 16. März weniger als 1 gemeldeter Fall von DIC bei Personen unter 50 Jahren innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Impfstoffs zu erwarten gewesen wäre, während 5 Fälle gemeldet worden waren. In ähnlicher Weise wären in dieser Altersgruppe durchschnittlich 1,35 Fälle von CVST zu erwarten gewesen, während es zum gleichen Stichtag 12 waren. Ein ähnliches Ungleichgewicht war bei der älteren Bevölkerung, die den Impfstoff erhielt, nicht zu beobachten.
Der Ausschuss war der Meinung, dass die nachgewiesene Wirksamkeit des Impfstoffs zur Verhinderung von Krankenhausaufenthalten und Todesfällen durch COVID-19 die extrem geringe Wahrscheinlichkeit der Entwicklung einer DIC oder CVST überwiegt. Im Lichte der Ergebnisse sollten sich die Patienten jedoch der entfernten Möglichkeit solcher Syndrome bewusst sein, und wenn Symptome auftreten, die auf Gerinnungsprobleme hindeuten, sollten die Patienten sofort einen Arzt aufsuchen und das medizinische Fachpersonal über ihre kürzliche Impfung informieren. Es werden bereits Schritte unternommen, um die Produktinformationen für den Impfstoff zu aktualisieren und mehr Informationen über diese Risiken aufzunehmen.
Der Sicherheitsausschusses wird eine zusätzliche Überprüfung dieser Risiken vornehmen und dabei auch die Risiken durch anderen Arten von COVID-19-Impfstoffen untersuchen (obwohl die bisherige Überwachung keine Warnhinweise ergeben hat). Die genaue Sicherheitsüberwachung von Berichten über Blutgerinnungsstörungen wird fortgesetzt, und es werden weitere Studien eingeleitet, um mehr Labordaten sowie Erkenntnisse aus der Praxis zu erhalten. Die EMA wird zu gegebener Zeit weitere Informationen kommunizieren.
Informationen für Patienten
- Der COVID-19 Impfstoff von AstraZeneca ist nicht mit einem erhöhten Gesamtrisiko für Blutgerinnungsstörungen verbunden.
- Es gab sehr seltene Fälle von ungewöhnlichen Blutgerinnseln, die mit einem niedrigen Gehalt an Blutplättchen (Bestandteile, die zur Blutgerinnung beitragen) nach der Impfung einhergingen. Die berichteten Fälle traten fast ausschließlich bei Frauen unter 55 Jahren auf.
- Da COVID-19 schwerwiegend sein kann und so weit verbreitet ist, überwiegen die Vorteile des Impfstoffs bei der Vorbeugung die Risiken von Nebenwirkungen.
- Wenn Sie jedoch nach der Behandlung mit dem COVID-19-Impfstoff von AstraZeneca eines der folgenden Symptome bekommen
* Atemnot,
* Schmerzen in der Brust oder im Magen,
* Schwellung oder Kältegefühl in einem Arm oder Bein,
* schwere oder sich verschlimmernde Kopfschmerzen oder verschwommenes
Sehen nach der Impfung,
* anhaltende Blutungen,
* mehrere kleine Blutergüsse, rötliche oder violette Flecken oder Blutbläschen unter der Haut,
suchen Sie bitte umgehend einen Arzt auf und erwähnen Sie Ihre kürzlich erfolgte Impfung.
Informationen für medizinisches Fachpersonal
Fälle von Thrombose und Thrombozytopenie, von denen sich einige als Mesenterialvenen- oder Hirnvenen-/Hirnvenensinusthrombose präsentierten, wurden bei Personen berichtet, die kürzlich den Impfstoff gegen COVID-19 von AstraZeneca erhalten hatten, und traten meist innerhalb von 14 Tagen nach der Impfung auf. Die Mehrzahl der Berichte betraf Frauen unter 55 Jahren. Dies könnte jedoch zum Teil eine größere Exposition dieser Personen widerspiegeln, die auf die Ausrichtung der Impfkampagnen auf bestimmte Bevölkerungsgruppen in verschiedenen Mitgliedstaaten zurückzuführen ist.
Die Anzahl der berichteten Ereignisse übersteigt die erwarteten, und eine Kausalität kann daher nicht ausgeschlossen werden, obwohl sie nicht bestätigt wurde. Angesichts der Seltenheit der Ereignisse und der Schwierigkeit, die Ausgangsinzidenz zu ermitteln, da COVID-19 selbst zu Krankenhausaufenthalten mit thromboembolischen Komplikationen führt, ist die Stärke eines etwaigen Zusammenhangs jedoch ungewiss.
Die EMA ist der Ansicht, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis des Arzneimittels weiterhin positiv ist und insgesamt kein Zusammenhang mit thromboembolischen Erkrankungen besteht. Es werden jedoch Schritte unternommen, um die Fachinformation und die Packungsbeilage mit Informationen über aufgetretene Fälle von DIC und CVST zu aktualisieren.
Angehörige der Gesundheitsberufe werden dringend gebeten, auf mögliche Fälle von Thromboembolien, DIC oder CVST zu achten, die bei geimpften Personen auftreten.
Die Geimpften sollten gewarnt werden, bei Symptomen einer Thromboembolie und insbesondere bei Anzeichen von Thrombozytopenie und zerebralen Blutgerinnseln, wie z. B. leichten Blutergüssen oder Blutungen sowie anhaltenden oder starken Kopfschmerzen, insbesondere 3 Tage nach der Impfung, sofort einen Arzt aufzusuchen.
Mehr über das Verfahren
Die Überprüfung der thromboembolischen Ereignisse mit dem Impfstoff gegen COVID-19 von AstraZeneca wurde im Rahmen eines Sicherheitssignals nach einem beschleunigten Zeitplan durchgeführt. Ein Sicherheitssignal ist eine Information über ein neues oder unvollständig dokumentiertes unerwünschtes Ereignis, das möglicherweise durch ein Arzneimittel, wie z.B. einen Impfstoff, verursacht wird und das eine weitere Untersuchung rechtfertigt.
Die Überprüfung wurde vom Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der EMA durchgeführt, der für die Bewertung von Sicherheitsfragen bei Humanarzneimitteln zuständig ist. Das Humanmedizin-Komitee der EMA, CHMP, wird nun zügig alle notwendigen Änderungen an der Produktinformation bewerten.
Quelle: Mittelung der EMA vom 18.03.2021