Prof. Dr. Yasmine Belkaid und Prof. Dr. Andreas Bäumler werden am 19. November 2021 in Berlin für ihre bahnbrechende Forschungsarbeiten zur Bedeutung der Mikroflora für das menschliche Immunsystem sowie die Rolle des Darmepithel für die Zusammensetzung der Mikroflora und damit zusammenhängende Auswirkungen bei Infektions‐ und Entzündungskrankheiten mit dem Robert‐Koch‐Preis ausgezeichnet. Bei dem mit 120.000 Euro dotierten Preis handelt es sich um einen der angesehensten wissenschaftlichen Auszeichnungen Deutschlands.
„In Zeiten, in denen Wissenschaft und Forschung immer wieder ins Zentrum des öffentlichen Interesses rücken und oft ungefiltert in sozialen Netzwerken thematisiert werden, ist es wichtiger denn je, die harte Arbeit, den ungebrochenen Fleiß und den Wissensdrang aller Frauen und Männer zu würdigen, die ihr Leben der Medizin und der Biologie verschrieben haben“, sagt Prof. Dr. Wolfgang Plischke, Vorsitzender der Robert-Koch-Stiftung. „Auch in diesem Jahr wollen wir mit den Preisträger*innen in der Bevölkerung und in der Politik gleichermaßen darauf aufmerksam machen, wie wichtig die Arbeit hinter den Kulissen des Gesundheitswesens und des medizinischen Fortschritts ist, und wie sehr sie Einfluss auf die gesamte Gesellschaft hat.“
Der Robert-Koch Preis wird in diesem Jahr geteilt, um bahnbrechende Forschungsarbeiten zu würdigen, die zeigen wie einerseits unsere Mikroflora unser Immunsystem trainiert, andererseits unser Darmepithel die Zusammensetzung unserer Mikroflora bestimmt, und welche Rolle Störungen dieses Dialogs zwischen Mikroflora und uns bei Infektions- und Entzündungskrankheiten spielen.
Die algerisch-französische Immunologin Yasmine Belkaid promovierte 1996 am Institut Pasteur in Frankreich über angeborene Reaktionen auf Leishmanien-Infektionen. Sie arbeitete dann am National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID) der USA über die Regulation der Immunantwort gegen Leishmanien. Nach einem dreijährigen Forschungsaufenthalt in Cincinnati wechselte sie 2005 als wissenschaftliche Mitarbeiterin wieder an das NIAID, wo sie heute das Mikrobiomprogramm leitet. Sie ist außerdem Professorin an der Universität von Pennsylvania.
Die Forschungsarbeiten von Yasmine Belkaid haben in maßgebender Weise gezeigt, wie die Bakterien, die unseren Darm und die Haut besiedeln, unsere Mikroflora, unser Immunsystem trainieren und uns so helfen, Infektionserreger abzuwehren, andererseits aber Nahrungsmittel als ungefährlich zu akzeptieren. Bei chronischen Entzündungen von Darm oder Haut ist dieser Dialog zwischen der Mikroflora und dem Immunsystem gestört, es kommt zu einer Störung des Immungleichgewichts, die entscheidend zu Krankheiten wie Morbus Crohn (chronische Darmentzündung) und Psoriasis (Schuppenflechte) beiträgt. Aber auch Nährstoffmangel kann den Dialog zwischen Mikroflora und Immunsystem stören, das Immunsystem braucht Energie in Form von Kohlenhydraten und Fett, aber auch Stoffwechselprodukte der Mikroflora, um gut gegen Krankheitserreger und Impfstoffe reagieren zu können, und die Immunität über Jahre aufrecht zu erhalten.
Gemeinsam mit Yasmine Belkaid wird Andreas Bäumler mit dem Robert-Koch-Preis ausgezeichnet. Andreas Bäumler studierte Biowissenschaften in Tübingen und promovierte über die Eisenaufnahme und eisenregulierte Gene in den Bakterien Escherichia coli und Yersinia enterocolitica. Anschließend forschte er an der Oregon Health Sciences University in den USA, und ab 1996 an der Texas A&M University. Seit 2005 ist er Professor an der University of California in Davis.
Andreas Bäumler wird ausgezeichnet für seine richtungsweisenden Arbeiten zum Verständnis der Regulation der Zusammensetzung und Funktion unserer Mikroflora durch die Zellen des Darmepithels. Er konnte zeigen, dass dabei die Zellatmung der Darmzellen und ihr Energiestoffwechsel eine wesentliche Rolle spielen. Wenn die Darmzellen zum Beispiel bei einer Entzündung den Stoffwechsel umstellen, ändert sich die Zusammensetzung der Mikroflora, es kommt zu einer sogenannten Dysbiose, die z.B. bei Darmentzündungen, aber auch bei Rheuma oder Nervenentzündungen den Krankheitsverlauf entscheidend beeinflussen kann. Die Forschung von Andreas Bäumler liefert ganz neue und originelle Ansatzpunkte, um das Gleichgewicht zwischen Mikroflora und Mensch bei diesen Krankheiten wiederherzustellen.
Über die Robert-Koch-Stiftung
Die Robert-Koch-Stiftung e.V. ist eine 1907 gegründete gemeinnützige Stiftung zur Förderung des medizinischen Fortschritts mit Sitz in Berlin. Sie fördert die wissenschaftliche Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Infektionskrankheiten sowie beispielhafte Projekte zur Lösung medizinischer und hygienischer Probleme. Die Stiftung vergibt alljährlich mehrere hochrangige wissenschaftliche Auszeichnungen: den Robert-Koch-Preis, der zu den höchstrangingen wissenschaftlichen Auszeichnungen in Deutschland zählt, die Robert-Koch-Medaille in Gold, drei Auszeichnungen für den wissenschaftlichen Nachwuchs und seit 2013 den Preis für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention. Robert Koch (1843 – 1910), nach dem der Preis benannt ist, hat die moderne Bakteriologie begründet. Dafür erhielt er im Jahr 1905 den Nobelpreis für Medizin und Physiologie. Koch leitete von 1891 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1904 das Institut für Infektionskrankheiten in Berlin.
Informationen für Redaktionen und Publikum:
Die Verleihung wird in Berlin stattfinden, am 19. November 2021 um 16:30 Uhr in der Berlin Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.
Die Veranstaltung wird über LinkedIn gestreamt werden, die Profile sind:
LinkedIn: https://www.linkedin.com/company/robert-koch-stiftung/
Twitter: https://twitter.com/RKStiftung
Alle Beiträge rund um die Veranstaltung werden mit dem Hashtag #Robert-KochAward versehen werden.