Hans-Reimer Rodewald vom Deutschen Krebsforschungszentrum erhält mit dem Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis 2019 den wichtigsten Forschungsförderpreis in Deutschland. Rodewalds Forschung dreht sich um die Frage, wie sich die verschiedenen Arten von Immunzellen aus Stammzellen entwickeln und zusammen ein funktionsfähiges Abwehrsystem bilden.
Mit seinen herausragenden wissenschaftlichen Leistungen zählt Hans-Reimer Rodewald schon seit vielen Jahren zu den führenden Immunologen weltweit. Im Fokus seiner Forschung steht die Frage, wie sich verschiedene Immunzellen im Körper aus Stammzellen entwickeln, um ein funktionsfähiges Immunsystem zu bilden und zu erhalten. Die Herkunft der vielen verschiedenen Typen von Abwehrzellen bestimmt letztlich ihre Funktion.
„Wir gratulieren Hans-Reimar Rodewald sehr herzlich zu der herausragenden Auszeichnung, die er im höchsten Maße verdient. Seit langem schon beeindruckt er die Fachwelt mit seinen wegweisenden Ergebnissen, die zu einem besseren Verständnis des körpereigenen Abwehrsystems beitragen. Mit seiner exzellenten und methodisch innovativen Erforschung der Grundlagen der Immunabwehr ebnet er darüber hinaus der Entwicklung und Verbesserung von Immuntherapien gegen Krebs den Weg“, sagt Michael Baumann, der Vorstandsvorsitzende des DKFZ.
Für besonderes Aufsehen in Fachkreisen sorgte Rodewalds Entdeckung eines Zellstadiums, aus dem sich die sogenannten Mastzellen entwickeln, eine immer noch rätselhafte Art von Immunzellen, die an vielen allergischen Reaktionen beteiligt ist. Lange hatte die Wissenschaft die Vorläuferstadien der Mastzellen vergeblich gesucht. Ebenso bedeutsam war die Entschlüsselung von Signalnetzwerken, die die Entwicklung von T-Lymphozyten im Thymus steuern. Diese bahnbrechenden Arbeiten führten nicht nur zu einem besseren Verständnis dafür, wie sich Blutzellen aus Stammzellen entwickeln (Hämatopoiese), sondern lieferten auch neue und unerwartete Erkenntnisse darüber, wie T-Zell-Leukämien entstehen.
In seinen neueren Arbeiten ist es Rodewald sogar gelungen, Zellen des Immunsystems mit einem Barcode-System auszustatten und so ihren Weg im lebenden Organismus zu verfolgen. Auf diese Weise kann er untersuchen, wie die Vielzahl verschiedener Zelltypen im Blut entsteht. Dazu nutzte er fluoreszierende Farbstoffe, die sich nach Bedarf „einschalten“ lassen.
Rodewalds Forschungsergebnisse haben heute bereits Eingang in die Lehrbücher der Immunologie gefunden.
Im Anschluss an sein Studium der Veterinärmedizin in Hannover wurde Rodewald am Max-Planck-Institut für Immunbiologie in Freiburg promoviert. Danach forschte er als Postdoc am Massachusetts Institute of Technology und am Dana Farber Cancer Institute der Harvard Medical School. Von 1992 bis 1999 war Rodewald Mitglied des Basel Instituts für Immunologie und übernahm anschließend den Lehrstuhl für Immunologie der Universität Ulm. Seit 2010 leitet er die Abteilung Zelluläre Immunologie im Deutschen Krebsforschungszentrum. Rodewald ist stellvertretender Sprecher des Forschungsschwerpunkts Tumorimmunologie am DKFZ.
Hans-Reimer Rodewald hat seine Forschungsergebnisse in bislang über hundert wissenschaftlichen Publikationen veröffentlicht, viele darunter in besonders hochrangigen Fachzeitschriften. 2009 und 2016 erhielt er einen Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats ERC. Seit 2016 ist er EMBO-Mitglied und wurde im selben Jahr mit dem Deutschen Immunologiepreis ausgezeichnet.
Quelle: Pressemitteilung Deutsches Krebsforschungszentrum 12/2018
Der Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis wird seit 1986 jährlich von der DFG verliehen. Pro Jahr können bis zu zehn Preise mit einer Preissumme von jeweils 2,5 Millionen Euro verliehen werden. Mit den zehn Preisen für 2019 sind bislang insgesamt 368 Leibniz-Preise vergeben worden. Davon gingen 120 in die Naturwissenschaften, 106 in die Lebenswissenschaften, 85 in die Geistes- und Sozialwissenschaften und 57 in die Ingenieurwissenschaften. Da Preis und Preisgeld in Ausnahmefällen geteilt werden können, ist die Zahl der Ausgezeichneten höher als die der Preise. Insgesamt haben bislang 395 Nominierte den Preis erhalten, darunter 339 Wissenschaftler und 56 Wissenschaftlerinnen.
Eine Leibniz-Preisträgerin und sechs Leibniz-Preisträger haben nach der Auszeichnung mit dem wichtigsten Forschungsförderpreis in Deutschland auch den Nobelpreis erhalten: 1988 Prof. Dr. Hartmut Michel (Chemie), 1991 Prof. Dr. Erwin Neher und Prof. Dr. Bert Sakmann (beide Medizin), 1995 Prof. Dr. Christiane Nüsslein-Volhard (Medizin), 2005 Prof. Dr. Theodor W. Hänsch (Physik), 2007 Prof. Dr. Gerhard Ertl (Chemie) sowie 2014 Prof. Dr. Stefan W. Hell (Chemie).
Ausführliche Informationen zum Gottfried Wilhelm Leibniz-Programm
Ausführliche Informationen zu den Leibniz-Preisträgerinnen und -Preisträgern 2019
Quelle: Pressmitteilung 55 der Deutschen Forschungsgemeinschaft 12/2018