Dem wissenschaftlichen Nachwuchs in der Biomedizin und den akademischen Gesundheitsberufen gute Karrierechancen zu bieten, ist ein zentrales Anliegen der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaft e.V. (AWMF). Daher wird der Vorstoß des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), das Befristungsrecht zu ändern, unterstützt. In einer Stellungnahme zu dem derzeit vorliegenden Referentenentwurf warnt die AWMF jedoch davor, dass sich die Situation für den Nachwuchs weiter verschlechtern könnte, wenn nicht vorab mit den Ländern eine veränderte Hochschulfinanzierung vereinbart würde.
Dass sich junge Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen oft viele Jahre von einem befristeten Arbeitsverhältnis zum nächsten hangeln müssen, schadet sowohl ihrer persönlichen Karriere und Motivation als auch dem wissenschaftlichen Fortschritt insgesamt. „Das Anliegen des BMBF, mehr Verlässlichkeit und Planbarkeit für den wissenschaftlichen Nachwuchs vor allem nach der Promotion zu schaffen, unterstützen wir. Allerdings sehen wir in den formulierten Änderungsvorschlägen des vorliegenden Referentenentwurfs erhebliche Risiken“, betont Professor Dr. Rolf-Detlef Treede, Präsident der AWMF.
Ziel sollte es nach Meinung der AWMF sein, für definierte Aufgaben des wissenschaftlichen Mittelbaus mehr Funktionsdauerstellen an den Universitäten und damit bessere Zukunftsperspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs zu schaffen. Doch dafür müssten die Länder ihrem Bildungsauftrag nachkommen und Rahmenbedingungen gestalten, damit dies möglich wird. „Fest steht: Wenn nicht vorab eine grundlegende Veränderung der Hochschulfinanzierung mit den Ländern vereinbart wird, kann die geplante Gesetzesänderung keinen positiven Effekt haben. Im Gegenteil“, erklärt Professorin Dr. Renate Deinzer, AWMF-Präsidiumsmitglied. Da solche Maßnahmen bislang nicht geplant sind, fürchtet die AWMF mit Blick auf den jetzt vorliegenden Referentenentwurf, dass sich die Situation für den Nachwuchs noch weiter verschlechtern wird und es künftig beispielsweise für weniger PostDocs eine Beschäftigungsmöglichkeit geben könnte.
Auch bei den befristeten Stellen, die durch Drittmittel finanziert werden, könnte genau das Gegenteil dessen passieren, was beabsichtigt ist. Viele Drittmittelprojekte erlauben zwar die eigene Weiterqualifizierung als Doktorand oder Postdoc, führen aber nicht in die Selbständigkeit, weil der jeweils Forschende nicht selbst als Antragstellender in Erscheinung treten kann. Dies geht nur auf Landesstellen, die deshalb vor allem in der späten Qualifizierungsphase benötigt werden. „Wir sehen das Risiko, dass qualifizierte Nachwuchswissenschaftler und -wissenschaftlerinnen nur noch in durch Drittmittel finanzierten Arbeitsverhältnissen weiterbeschäftigt werden können, wenn der Qualifizierungsbefristung ein zeitlicher Vorrang eingeräumt werden soll“, warnt Professor Dr. Dr. Henning Schliephake, stellvertretender AWMF-Präsident. Damit hätten dann wiederum weniger Nachwuchstalente die Chance, sich dauerhaft im universitären Wissenschaftsbetrieb zu etablieren.
In die aktuelle AWMF-Stellungnahme sind die Positionen von 18 ihrer Mitgliedsgesellschaften eingeflossen. Insgesamt vertritt die AWMF 182 medizinische wissenschaftliche Fachgesellschaften und damit die Interessen von 300.000 Mitgliedern. In dem Papier werden auch die Änderungsvorhaben zur Regelung von Beschäftigungen während des Studiums sowie die Anrechnung von Teilzeit auf die Befristungsdauer thematisiert.
Die aktuelle Stellungnahme der AWMF zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Bildung und Forschung für ein Gesetz zur Änderung des Befristungsrechtes für die Wissenschaft finden Sie hier: https://www.awmf.org/fileadmin/user_upload/dateien/stellungnahmen/2023/20230703_...